Mittwoch, 8. Juni 2011

Gestatten: Böckchen, der gesundgepflegte Rehbock

Als ich mein letztes Posting mit Wildrezept und entsprechendem Edikt einstellte, fiel mir Böckchen ein.
DAS IST ER... etwas reudig anmutend, das ist aber nur der Fellwechsel:

Böckchen lebt in einem großen Gehege bei meinen Eltern. Er wurde als Kitz von einem Mähdrescher erwischt. Rehkitze haben die Angewohnheit sich zu zu ducken, das ist in Kollision mit Mähdreschern keine gute Sache. Grausige Verstümmelungen sind die Folge und werden zumeist vom Fahrer gar nicht bemerkt.

Jedenfalls wurde Böckchen mit Parasiten übersäht und von der Mutter zum Sterben zurückgelassen gefunden. Ich erinnere, dass mein Vater - als Jäger, Heger und selbst Landwirt - während meiner Kindheit oft versuchte solche Tiere zu retten. Das gelingt ganz selten.
Eine Freundin des Hauses hat es geschafft. Kein Tierarzt und kein erfahrender Heger hatte die Hoffnung, dass Böckchen überleben könnte. Das Kitz war rund um die Uhr bei der neuen Amme. Es hatte sein Gehege, schlief auf dem Sofa, ging mit zum Bäcker, ins Bad und eben überall hin, wo die neue Mama war. Die Wunde verheilte, Böckchen lernte auf einem verkrüppelten Stumpf zu laufen.

Diese Tiere sind wegen ihrer Behinderungen, der Gewöhnung an den Mensch und mangelnden erworbenen Selbstschutzverhaltens nicht mehr auswilderbar und ein großes Problem ist, dass die männlichen Tiere mit der Geschlechtsreife aggressiv werden und ihre Instinkte keine Mutterbindung mehr vorsehen, sondern natürliches, revierverteidigendes Leben. So brachte die Freundin des Hauses Böckchen in ein Gehege auf den Hof meiner Eltern. Jeden Tag kommt sie, um ihren Schützling zu besuchen. Die Ex-Amme hat die zweite Seltenheit geschafft: Bis heute wird sie nicht von Böckchen attakiert - es sei denn, sie schleppt andere Menschen mit ins Gelände. Hier schleckt er sie nur, ich stand artig draußen vor den Toren (-:

Mein Vater kaufte Böckchen die ebenfalls als Kitz verletzte und genesene Ricke Bambi zur Vergesellschaftung. Bambi starb nach einiger Zeit. Nicht einmal die Tierärztliche Hochschule konnte helfen. Mit einem dazugesellten Esel konnte sich Böckchen auch nicht anfreunden. Böckchen ist mit sich selbst und dem Leben zufrieden. Er hat es ja auch verdammt gut in seinem kleinen Revier.

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