Dienstag, 6. März 2012

Alltägliche Paradoxie - Freud und Leid


Da sitzt sie in der Abenddämmerung - meine soziale Intensivbeziehung. Der Herr Käf genießt die Weiten des Ozeans und sinniert über Freud und Leid. Und oft sind es die kleinen Dinge - eben das berühmte Salz in der Suppe, damit der Alltag nicht fad schmeckt. Man kennt das ja. Meine letzte Ausgewogenheit in puncto Gewürzkombination stellte sich so dar, dass ich es schon bedenklich fand, dass Herr Käf nach 14 Monaten gemeinsamem Leben in der "großen alten Dame" den Sicherungskasten an der völlig falschen Stelle suchte. Und ebenso konnte ich es kaum fassen, dass er nach 14 Monaten in diesem Haus vor der beruflichen Arbeit den Geschirrspüler ausräumte (-: Da hab ich mich schon sehr gefreut!

Das Gehimnis liegt wohl darin, dass unser Gehirn Ereignisse kontinuierlich vorausberechnet und wenn etwas Unerwartetes eintritt, dann erst nehmen wir's wirklich zur Kenntnis - mit Frust oder mit Freude. Fluch, Segen und Antrieb der menschlich-kulturellen Evolution und der sozialen Beziehungen überhaupt, würde ich mal sagen. Man merkt's auch grad an der allgemeinen Freude über die Frühlingsvorboten, finde ich. Hätte ich sie tagtäglich, würde ich mich nicht mehr freuen. Und wenn ich mich nach einiger Zeit an sie gewöhnt habe, sehe ich sie kaum noch mit überbordender Freude und lechtze ungeduldig nach dem Sommer. Ich behaupte ja gern, dass ich am liebsten 365 Tage im Jahr Temperaturen von mindestens 25 Grad hätte. Aber will ich das wirklich? Wäre ich damit tatsächlich dauerhaft zufrieden? Ich schließe mich dem Fazit der Neurowissenschaften an: Dauerhaftes Erfreuen hängt mit Knappheit des Gutes zusammen und der entsprechenden Sehnsucht danach. Unsere kleine innere Opiodfabrik triggert uns nur, wenn wir nach Abstinenz bekommen, wonach wir uns sehnen mussten, anstatt es alltäglich und selbstverständlich gewohnt zugänglich zu haben.Was für eine Paradoxie!
Und dann kommt ja noch dazu, dass in der Erinnerung immer alles ganz anders aussieht. "Die gute alte Zeit" in der ja angeblich alles viel besser war.  In den erinnerten Sommererlebnissen meiner Kindheit schien nahezu ausschließlich die Sonne. Die Wetteraufzeichnungen sagen etwas anderes, als meine immer wieder überschriebenen Gedächtnisspuren (-:
Ganz abgefahren wird es schließlich, wenn ich weiß "dies ist ein besonderer Moment". Ich schaffe das doch tatsächlich, ihn nicht genießen zu können, weil ich um seine Vergänglichkeit weiß. Schon immer war für mich die Vorfreude die schönste Freude. Weihnachten kenne ich das auch immer mal wieder von mir. "So, da ist er der Tag auf den ich mich so freute und in ein paar Stunden wird alles vorbei sein." An Geburtstagen schicken die in meine Persönlichkeit Eingeweihten Päckchen an mich schon Wochen vor meinem  Geburtstag. Die Pakete sind meine Trophäen des Bedachtwerdens. Auspacken will ich sie... und dann aber doch nicht, weil es dann vorbei ist.

2 Kommentare:

  1. Das kann ich gut nachfühlen, das schlimmste an unserer Hochzeit war, als sie vorbei war! Und auch sonst kenne ich das Gefühl, dass Freude fast von dem Gefühl, dass etwas vorbei geht überschrieben wird.
    Man muss lernen jeden Moment auszukosten, denke ich
    lg Knutselzwerg

    AntwortenLöschen
  2. Stimmt!!! An dem Tag ging es mir auch so.

    AntwortenLöschen